Türkei: Urteil im Verfahren gegen Peter Steudtner und Amnesty-Vertreter in der Türkei erwartet

amnesty logoIm Prozess gegen elf Menschenrechtler ist am Freitag, den 3. Juli 2020, in der Türkei mit einem Urteil zu rechnen. Unter den Angeklagten sind der deutsche Menschenrechtstrainer Peter Steudtner, der Ehrenvorsitzende von Amnesty in der Türkei Taner Kılıç und die ehemalige türkische Amnesty-Direktorin İdil Eser. Ihnen droht bis zu 15 Jahre Haft aufgrund haltloser „Terrorismus“-Vorwürfe.

BERLIN, 30.06.2020 – Im Verfahren gegen elf Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten in der Türkei wird am Freitag eine Entscheidung erwartet. Bei einer Verurteilung drohen den Angeklagten bis zu 15 Jahre Haft.

Die Corona-Pandemie dürfe nicht dazu führen, dass die öffentliche Aufmerksamkeit nachlässt, sagt der mitangeklagte Menschenrechtstrainer Peter Steudtner. „Durch die Corona-Beschränkungen ist eine internationale Prozessbeobachtung erschwert. Es ist gerade jetzt wichtig, dass dieser und andere Prozesse gegen die Menschenrechte nicht aus dem medialen und öffentlichen Blickfeld geraten. Für einen Teil von uns Angeklagten hat der Staatsanwalt lange Haftstrafen gefordert. Das ist ein klarer Versuch, Menschenrechtsarbeit zu kriminalisieren und die freie Zivilgesellschaft mundtot zu machen. Wir stellen uns gemeinsam gegen dieses politische und juristische Unrecht. Am 3. Juli müssen wir #Istanbul10 zusammen mit Taner Kılıç freigesprochen werden. Mut braucht Schutz – und nicht Repression.“

Das Verfahren gegen die elf Aktivistinnen und Aktivisten ist aus Sicht von Amnesty International eindeutig politisch motiviert. Sie stehen nur deswegen vor Gericht, weil sie sich friedlich für die Menschenrechte eingesetzt haben. Die konstruierten Vorwürfe gegen sie wurden ausnahmslos widerlegt, sogar durch eigene Beweise der türkischen Behörden.

„Seit Jahren beobachten wir, wie in der Türkei die Justiz als Instrument von Willkür und Verfolgung eingesetzt wird. Wer immer der Regierung ein Dorn im Auge ist – Anwältinnen, Journalisten, Schriftstellerinnen – wird eingeschüchtert und verfolgt. Mit Freisprüchen für die elf Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler könnte die türkische Justiz die Rückkehr zur Achtung von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit einleiten“, erklärt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.

„Die Bundesregierung ist gefragt, erneut die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention einzufordern und gegenüber der Türkei auf Freisprüche für die elf Angeklagten zu drängen. Sollte es am 3. Juli zu einer willkürlichen Verurteilung von Menschenrechtlern und Amnesty-Vertretern kommen, wäre dies ein weiteres Hindernis auf dem Weg zur Normalisierung der Beziehungen zur Türkei. Die türkische Regierung wäre die erste in der fast sechzigjährigen Geschichte von Amnesty International, die in einem Tabubruch Amnesty-Vertreter wegen ihrer Menschenrechtsarbeit verfolgt, inhaftiert und verurteilt. Dies wäre nicht nur ein verheerendes Signal für die unterdrückte Zivilgesellschaft in der Türkei, sondern für den Menschenrechtsschutz weltweit – hier ist die internationale Staatengemeinschaft gefordert“, so Beeko.

Hintergrund zum Verfahren

Die elf Menschenrechtsverteidiger wurden im Sommer 2017 unter absurden „Terrorismus“-Vorwürfen festgenommen. Im Oktober 2017 begann der Prozess gegen Taner Kılıç und die als „Istanbul 10“ bekannt gewordenen Menschenrechtler. Im Verlauf von elf Anhörungen seit Prozessauftakt im Oktober 2017 wurden die „Terrorismus“-Vorwürfe gegen die elf Angeklagten umfassend widerlegt, sogar durch eigene Beweise der türkischen Behörden. Trotzdem forderte der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer im November 2019, sechs der Menschenrechtler, darunter Taner Kılıç und İdil Eser, wegen „Mitgliedschaft“ bzw. „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ zu bis zu 15 Jahren Haft zu verurteilen. Für Peter Steudtner und vier weitere Angeklagte beantragte der Staatsanwalt Freisprüche.

Das Resümee des Staatsanwalts liest sich wie eine Kopie der Anklageschrift. Die haltlosen Anschuldigungen, die in den vorherigen Anhörungen widerlegt wurden, werden darin wiedergegeben, als hätte der gesamte Prozess nicht stattgefunden. Die Justiz in der Türkei wird seit Jahren instrumentalisiert, um die Zivilgesellschaft einzuschüchtern und mundtot zu machen. Wie das Gericht entscheidet, ist deshalb nicht vorhersehbar. Am 3. Juli 2020 wird ein Urteil im Verfahren erwartet.
Acht der Menschenrechtler, darunter Peter Steudtner, saßen fast vier Monate in Haft, Taner Kılıç verbrachte rund 14 Monate im Gefängnis.

Quelle: www.amnesty.de

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Nachrichten und Doku in Köln

Köln-Niehl/Riehl: Gesamtinstandsetzung


stadt Koeln LogoIm Zuge der Gesamtinstandsetzung der Mülheimer Brücke arbeitet die Stadt Köln auf dem Brückenzug oberhalb des Kuhweg im Bereich der linksrheinischen Deichbrücke. Die zusammengeschweißten Brückensegmente des neuen Überbaus werden auf die bereits er...


weiterlesen...

CircusDanceFestival beste „Junge


koelner kulturpreisStück „Mein Vater war König David“ Kulturereignis des Jahres 2023

Köln, 14. Mai 2024. Das Stück „Mein Vater war König David“, eine Koproduktion vom ANALOG Theater, ORANGERIE Theater im Volksgarten, dem NS-Dokumentationszentrum Köln und der studi...


weiterlesen...

Mit Meisterwerken von Manet, Monet &


240514 Sonderbierdeckel WRM quer Foto P.Brohl honorarfreiKöln, 14. Mai 2024 – Im Wallraf-Richartz-Museum bietet eine Sonderausstellung einen faszinierenden Einblick in die Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts.

„1863 - Paris - 1874: Revolution in der Kunst“, so der Name der Sonderschau, die den spannende...


weiterlesen...

Tag der Forschung: TH Köln verleiht


Bild Michael Bause TH KölnRäumliches Hören für Virtual- und Augmented-Reality-Anwendungen, die Stärkung der politischen Interessenvertretung in der Sozialen Arbeit, ein Social-Media-Handlungskonzept für die offene Kinder- und Jugendarbeit sowie die Erforschung neuer Wirkst...


weiterlesen...

Talk & Sing mit Martin Schlüter und


240513 Talk und Sing v.l. Jean Odenthal   Christian Knock   Frank Engel v. RheinRoxy   Martin Schlüter Foto M.Schlüter honorarfreiKöln, 13 Mai 2024 - Das neue Format „Talk & Sing“ wurde von Christian Kock und Martin Schlüter im letzten Sommer ins Leben gerufen. Das Konzept orientiert sich am Stil von „Ina Müller“ und kombiniert Talkshow-Elemente mit Live-Musik sowie klassisc...


weiterlesen...

Atomwaffengegner will Friedensgebot und


antimilitaristischer Protest am Fliegerhorst Buchel 8.5.2023Weimar / Koblenz, 12.5.2024. Am 8. Mai 2023 protestierte eine Gruppe von sieben Aktivisten gewaltfrei gegen die zwanzig US-amerikanischen Atombomben, die auf dem Bundeswehr-Flugplatz Büchel / Eifel lagern. Die Gruppe spazierte durch das offene Bau...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop