Dunkelausstellungen – Dunkelrestaurants – Blindwalk

blindwalk_steinUnter dem Motto: "Nicht gucken, anfassen: Deutschlands erster Blindwalk" startet am 21. Oktober 2011 Deutschlands erste Stadtführung im völligen Dunkeln. Initiator des Ganzen ist Dr. Axel Rudolph.

In dem Folgenden Zeilen, erklärt der Künstler wie es zu den Blindwalks kam und was dem vorausgegangen ist:

Chronologie der Veranstaltungen im Dunkeln:
Dunkelausstellungen – Dunkelrestaurants – Blindwalk

Die erste mir bekannte künstlerische Dunkelausstellung fand 1987 im Kunstmuseum Bern statt: „fundamental void“ des Künstlers Eric Orr. Die Besucher bewegten sich durch einen stockfinsteren, schallgedämmten und ansonsten völlig leeren Raum und tasteten sich an der Wand entlang.

1988 lud mich die Stiftung Blindenanstalt in Frankfurt als Künstler und Experte für „Geräusche und Raumwahrnehmung“ dazu ein, in einem völlig dunklen Raum die besonderen Wahrnehmungsdispositionen von Blinden für Sehende nachvollziehbar zu machen. Ich stattete den rund 120 qm großen Raum mit Klangobjekten, Bodenbelägen und Tastobjekten aus. An einer kleinen Bar gab es Getränke. So entstand ein Erlebnisparcours, auf dem sich die Besucher in völliger Dunkelheit orientierten und dessen wahrgenommene Eigenschaften sich erst langsam aus den vorhandenen Geräuschen und anderen Sinnesreizen ergaben. Wer anwesend war, spürte das Potential dieses besonderen Erlebnisses.

So entstand 1989 der Dialog im Dunkeln, eine Kommunikation zwischen Blinden und Sehenden mit umgekehrten Rollen: The Blind Guide The Sighted. 1990 war diese Ausstellung unter anderem auch in der Zentralbibliothek am Neumarkt in Köln zu erleben.

1991 begann ich mit neuen Dunkelausstellungen, in denen ich das Unsichtbare künstlerisch weiter erkundete.

1992 zeigte ich auf der Messe „Photokina“ in Köln den „Tag am Strand“, ein perfekt mit Geräuschen, Sand, Wind und weiteren Materialien simulierter Badestrand zur Entspannung und Erholung der Messebesucher - in völliger Dunkelheit. Die Stiftung Blindenanstalt betrieb den Dialog im Dunkeln unabhängig weiter und übertrug das Projekt einige Jahre später an eine professionelle Ausstellungsgesellschaft.

2001 gründete ich die unsicht-Bar in Köln. Dieses Dunkelrestaurant wurde mit seinem ausgefeilten Konzept und einer professionellen Marketingkampagne zum Vorbild für zahlreiche weiterblindwalk_picknick203_300e Gründungen von Dunkelrestaurants.
Das Presseecho kam schnell, fast alle großen Zeitungen und Magazine berichteten, auch im Ausland.

2002 eröffnete ich die unsicht-Bar Berlin, ein Dunkelrestaurant mit angeschlossener Dunkelbühne, die auch ein anspruchsvolles Kulturprogramm im Dunkeln bot.

Essen im Dunkeln ist inzwischen allgemein bekannt und Dunkelrestaurants werden regelmäßig auf den Serviceseiten von Zeitschriften und in Reiseführern genannt. Auch Witze über Dunkelrestaurants gibt es bereits, so etwa in der Satirezeitschrift Titanic oder bei der Kommentierung eines Fußballspiels in der Sportschau (ZDF) und im Liveticker des Tagesspiegel. Diese Idee ist offenkundig in der Alltagskultur angekommen. Durch die Presse ging eine wissenschaftliche Studie die sich damit beschäftigte, ob man im Dunkeln mehr oder weniger isst als im Hellen.
Verbraucherministerin Ilse Aigner eröffnete in der unsicht-Bar Berlin die „Geschmackstage“, deren Thema auf über 400 Veranstaltungen die gesunde Ernährung war (alle Beispiele aus 2010).

2011 wurde der Begriff „Dunkelrestaurant“ in den Duden aufgenommen.

blindwalk_fuehrung_koelnZur persönlichen Horizonterweiterung werden psychologisch geführte „retreats“ mit mehrtägigem Aufenthalt in der Dunkelheit angeboten. Ende 2010 erschien ein Jugendroman von Andreas Hauffe, der fast ausschließlich im Dunkeln spielt. Sein programmatischer Titel: Im Dunkeln sieht man anders. Der Dialog im Dunkeln wird heute von einer „Dialogue social enterprise“ vertrieben und in derzeit 16 Ländern gezeigt. Die Ausstellung präsentiert Blindheit analog dem „deafhood“ der Gehörlosenbewegung als besonderen Lebensstil.

2011 startet der Blindwalk in Köln. Im Unterschied zu den geschützten, speziell gestalteten Räumen der Dunkelausstellungen oder Dunkelrestaurants findet der Blindwalk im „wirklichen Leben“ statt. An die Stelle einer Installation im Dunkeln tritt die Auswahl eines Weges durch die reale Alltagswelt. Als „Rohstoff“ dient die Umgebung des Kölner Doms. Hier ist auf engem Raum eine einzigartige, abwechslungsreiche Mischung von eindrucksvollen Geräuschkulissen, Düften, Bodenbelägen, aber auch unterschiedlichen Alltagssituationen versammelt, die durch den Tourguide vorgestellt werden.

Die Besucher des Blindwalk nutzen Dunkelheit als Medium oder besonderen Wahrnehmungsmodus. Nach dem Besuch erhält man eine Karte, in die der genaue Tourweg eingezeichnet ist um so einen Vergleich im Hellen anzuregen. Blindwalk will die Erfahrung von Dunkelheit weiter in der Alltagskultur verankern und die Zugänglichkeit erleichtern.

Information über den Blindwalk in Köln finden Sie hier!logo20blindwalk_300

Und auf der Website: www.blindwalk.de

Dr. Axel Rudolph / Wormser Str. 24 / 50677 Köln / post@axelrudolph.de

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