Pestizideinsätze: EU schiebt Transparenz auf die lange Bank

umweltMünchen, 09. Juni 2022. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen Daten über Pestizideinsätze künftig erfassen und zur Veröffentlichung an die EU melden. Darauf haben sich das Europaparlament und die EU-Mitgliedstaaten im Trilog mit der EU-Kommission geeinigt. Das Umweltinstitut München kritisiert, dass die Veröffentlichung der wichtigen Umweltinformationen spät und nicht in vollem Umfang erfolgen wird. Zudem wurde eine Hintertür offen gelassen, die die Veröffentlichung der Pestizideinsätze noch kippen könnte.

Pestizideinsätze sind ein blinder Fleck in den EU-Statistiken. Denn obwohl berufliche Anwender:innen ihre Pestizideinsätze dokumentieren müssen, werden diese Daten von den Behörden bislang weder gesammelt noch veröffentlicht. Somit weiß bis dato niemand genau, welche Pestizide wann, wo und in welchen Mengen ausgebracht werden. Lediglich die nationalen Verkaufszahlen werden bisher erfasst und veröffentlicht – ein extrem grober Indikator für die tatsächlichen Pestizidanwendungen. Nun haben die EU-Institutionen im Rahmen der neuen Verordnung über Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung (Statistics on agricultural input and output, SAIO) beschlossen, dass Daten über Pestizideinsätze in der EU künftig von den Mitgliedstaaten erfasst und jährlich an die EU gemeldet werden müssen, die diese veröffentlichen soll. 

Ab 2028 sollen die Mitgliedsstaaten die bereits verpflichtenden Aufzeichnungen über Pestizideinsätze von Landwirt:innen einfordern, welche dann ab 2030 auf national aggregierter Ebene veröffentlicht werden sollen. Allerdings sollen die Daten nicht von allen Anwender:innen und nur für ausgewählte Kulturen eingefordert werden. Damit bleibt die Einigung hinter dem zurück, was die EU-Kommission ursprünglich vorgeschlagen hatte. Diese hatte gefordert, dass die vollständigen Pestizideinsatzdaten von allen beruflichen Anwender:innen gesammelt und für einzelne Landkreise veröffentlicht werden sollten. 

Das Umweltinstitut München hatte im Laufe der SAIO-Verhandlungen wiederholt gewarnt, dass eine Überwachung der EU-Pestizid-Reduktionsziele ohne umfassende Datengrundlage unmöglich sei. Die in der EU-Strategie “Farm-to-Fork” festgelegte Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 bleibe damit ein leeres politisches Versprechen: “Die ersten halbwegs zuverlässigen Daten über den tatsächlichen Pestizideinsatz in der Landwirtschaft sollen nun in dem Jahr veröffentlicht werden, in dem die EU eine Halbierung desselben erreicht haben will – das macht die Überprüfung dieses Reduktionsziels unmöglich und führt die Pläne der EU somit ad absurdum”, kommentiert Vera Baumert, Referentin für Landwirtschaft  am Umweltinstitut. 

“Die Pläne der EU bleiben weit hinter dem Notwendigen zurück, denn die Datensammlung startet viel  zu spät und ist bei weitem nicht umfassend genug, um den Anforderungen der EU-Umweltinformationsrichtlinie gerecht zu werden”, so Baumert weiter. Tatsächlich bestätigten im vergangenen Jahr mehrere deutsche Gerichte, dass es sich bei den von Landwirt:innen dokumentierten Daten über Pestizidanwendungen um Informationen über Emissionen in die Umwelt handelt, die “Jedermann” auf Antrag zugänglich gemacht werden müssen. “Deutschland sollte deswegen nun mit positivem Beispiel proaktiv vorangehen und durch die Einrichtung eines öffentlich einsehbaren Pestizid-Registers auf nationaler Ebene echte Transparenz über Pestizideinsätze schaffen”, fordert Baumert.

Ob die Pläne der EU auch umgesetzt werden, ist derweil noch gar nicht abschließend geklärt. Die Daten über Pestizideinsätze sollen nämlich erst dann jährlich gesammelt werden, wenn ein weiterer Rechtsakt erlassen wird, der die genauen Rahmenbedingungen für ihre elektronische Sammlung festlegt. Sollte sich dieser Prozess verschieben oder keine Einigung zustande kommen, würde das wohl das vorläufige Aus für die Datensammlung und -veröffentlichung bedeuten.

Quelle: www.umweltinstitut.org

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