Interview mit der Künstlerin Asuman Hasircioglu

Asuman Hasircioglu ist in Köln nicht nur durch ihre stimmungsvollen Gemälde und Collagen bekannt. Die aus Anatolien stammende Künstlerin, zeigt in Workshops Europäern, wie die traditionelle Kunsttechnik des Ebru funktioniert. Zusätzlich organisiert Asuman Hasircioglu seit Jahren verschiedene Interkulturelle Kunstveranstaltung. Zuletzt fand im März 2011 zum 6. Mal die Veranstaltungsreihe „Tor zum Frieden“ statt.
Ihr Kunststudium absolvierte Asuman Hasircioglu bei Celal Yetkin an der Kunstakademie in Izmir. 1996 wandte sie sich der Ölmalerei zu. Darauf folgten Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen im In- und Ausland. Einige ihrer Werke sind auf Titelseiten von ausgewählten Büchern zu finden.
In der Zeit vom 02. Juli bis zum 13. August 2011 zeigt die Künstlerin ihre Arbeiten in der Gemeinschaftsausstellung "Nimm3" in der Galerie-Graf-Adolf.
Ich habe Asuman Hasircioglu in ihrem Atelier im Kunsthaus Rhenania besucht und mit ihr über all dies gesprochen…

VIDEO - Künstlerpräsentation Asuman Hasircioglu zur Ausstellung Nimm3

Portrait_AsumanHallo Asuman, deine professionelle künstlerische Arbeit begann im Bereich Textilien. Bevor du Kunst studiert hast, hast du ein Studium der Textilgestaltung, in deiner Heimatstadt Izmir absolviert. In diesem Bereich hast du im Anschluss dort und später in Berlin gearbeitet. Wo finden sich diese Einflüsse in deinen gegenwärtigen Arbeiten wieder?
Ja ich habe als Stylistin, Stoff- und Modedesignerin gearbeitet, bevor ich als bildende Künstlerin tätig wurde. Aktuell habe ich, im  Rahmen interkultureller Arbeiten, eine Stoffserie kreiert. Dafür habe ich Collagen mit türkischen Kopftüchern gemacht. Diese Kopftücher erzählen eine Geschichte. Je nach Anlass tragen die Frauen in der Türkei ein ganz spezielles Kopftuch. So trägt bspw. die Mutter der Braut, bei einer Hochzeit ein Kopftuch, was sie als Brautmutter sofort erkennen lässt.

Welche Themen nimmst du außerdem von deiner Heimat in deinen Werken auf?
In Anatolien gab es viele Kulturen. Es ist also ein Gemisch. Vor dem Islam waren die Türken Schamanen und im Alltag haben wir viele Rituale, die daraus hervorgehen. Ich finde dieses Rituelle und der Glauben, das ist Natur. Ich mag die Natur sehr gern. Auch habe ich mich mit den Mutter Göttinnen insbesondere der " Göttin Kybele" in einer Serie beschäftigt.
 
Du holst dir also Inspiration aus der Natur?
Ja, zum Beispiel auf Wanderungen. Aber auch, wenn ich schlechte Nachrichten aus der Türkei bekomme. Wenn etwas mit meiner Familie oder Freunden passiert. Ich brauche die künstlerische Arbeit, um solche Situationen auszuhalten und das zu verarbeiten. Als mein Sohn bspw. zum türkischen Militärdienst musste, habe ich drei Tage lang von morgens bis abends gemalt. Ich male immer, wenn ich große Lust oder großen Schmerz habe.

Und wie äußert sich das bei der Arbeit?
Es ist so, dass ich helle und freundliche Werke gestalte, wenn ich Schwierigkeiten habe, es mir nicht gut geht. Wenn ich dunkle Farben verwende, dann ist alles in Ordnung und ich schaffe mit Lust.

Transportierst du diese Botschaft in deinen Werken?
Ich habe immer einen Platz für die Helligkeit, wenn ich dunkle Bilder male. Ich möchte zeigen, es gibt eine Hoffnung für das Schöne, für die Zukunft, trotz schwieriger Zeiten.

Du bist in der Arbeit sehr unterschiedlich. So stellst du Ebru-Arbeiten, Öl- und Acrylgemälde und Collagen her. Wie läuft der Prozess beim Entstehen ab?
Wenn Menschen in mein Atelier kommen, fragen sie mich schonmal wieviele Künstler hier arbeiten. Die Herangehensweise ist verschieden. Manchmal habe ich ein Thema im Kopf, manchmal beginne ich ganz spontan, wenn ich etwas höre oder fühle. Ich überlege mit welchen Farben ich arbeiten möchte, und dann fange ich an. Ich zeichne selten eine Skizze, sondern male direkt auf die Leinwand.

Die Unterschiedlichkeit zeigt sich auch in deinem Leben. Du hast an sehr vielen Orten gelebt und bist durch die Arbeit deines Mannes immer wieder in der Türkei und in Deutschland umgezogen. Wie hat das deine Einstellung zu den Menschen geprägt?
Es ist immer etwas anderes, wenn die Menschen etwas gesehen haben und Erfahrungen damit gemacht haben. Ich habe in Metropolen und in der Provinz gelebt. Sowohl in der Türkei, als auch in Deutschland.  Für mich ist daher Menschlichkeit ganz wichtig. Wir sind alle Menschen, egal wo wir leben oder wo wir herkommen. Ich mag die Menschen gern.

Ist es der Grund warum du immer wieder Friedensveranstaltungen durchführst?
Ja es war mein Traum. Das Rhenania ist ein großes Kunsthaus und ich habe hier viele Möglichkeiten. Die Welt ist kleiner geworden, durch die Globalisierung. Die wirtschaftliche Globalisierung, bringt die soziale Globalisierung mit sich. Wir müssen uns näher kennenlernen. Wenn wir das nicht tun, dann können wir uns nicht akzeptieren. Aus diesem Grund mache ich in Köln Veranstaltungen, die international sind.

Welcher Grundgedanke trägt die Veranstaltungen?
Als türkeistämmige Künstlerin möchte ich auf internationaler Ebene mit Künstlern zusammen die eigene Kunst und Kultur zeigen. Die Menschen kommen aus Albanien, Mazedonien, Frankreich, England, Deutschland u.s.w. Kunst ist eine gute Plattform, um Kulturen näher zu bringen. Man braucht keine Sprache und die Gefühle sind überall die Gleichen. Deswegen möchte ich verschiedenstämmige Leute zusammenbringen und in Dialog bringen. Denn Dialog ist der erste Schritt um friedliches Zusammenleben zu gestalten. Wir müssen miteinander sprechen und uns erklären. Dann wachsen der Respekt und das Verständnis für den Anderen. Die Ebru-Arbeit ist dabei ebenfalls ein gutes Mittel, um Respekt zu zeigen.

Wie meinst du das?
Man benutzt verschiedene Farben. Eine Farbe sieht gut aus. Dann kommt die zweite Farbe und es sieht ganz anders aus. Jeder Farbtropfen findet im Bild einen Platz. Daraus ergibt sich ein wunderschönes Bild. Das kann man auf uns Menschen übertragen. Wir leben nun einmal gemeinsam hier in Deutschland.

Wir haben Ebru bereits mehrfach angesprochen. Erklärst du uns bitte etwas über diese traditionelle Technik?
Beim Ebru hat man es mit einem sich stetig, auf einem flüssigen Untergrund verteilenden Farbenteppich, zu tun. Die Kunst besteht darin, dieses Fließen mit all seinen Bewegungen und verformenden Mustern so aufeinander abzustimmen, dass im richtigen Moment das Papier auf ein gewünschtes Motiv aufgelegt werden kann. Man benutzt dazu Naturmaterialien, die ich extra für meine Arbeit und meine Workshops vorbereite.

Woher kommt Ebru?
Ebru ist erstmals im Mittelalter, als das Papier in Mittelasien entdeckt wurde, nach Anatolien gekommen. Das war im 15. Jh und der Ursprung dieser Kunsttechnik liegt in Persien. Man benutzte es besonders für Buchinnenseiten oder für Kalligrafien. Etwa im 17. Jh kam Ebru nach Europa. Diese Kunst nennt man türkische Kunst oder Marmorierung.

Du machst Workshop in Schulen, in deinem Atelier und warst 2010 im Rautenstrauch-Joest-Museum. Warum bietest du Workshops zu Ebru an?
In Europa und Amerika weiß man nicht viel über die Ebru-Technik. Man kennt hier eigentlich nur das Grundebru. Ich habe mir überlegt, ich muss es einfach zeigen. Man kann mit der Kunsttechnik nicht nur Muster machen, sondern auch Landschaften und Portraits gestalten. Ebru hat, neben dem Schaffen eines Kunstwerks, eine therapeutische Wirkung.

Es fällt mir auf, dass du mit deinen Aktivitäten einen großen Beitrag zur gegenseitigen Verständigung der Kulturen beiträgst.  Welche Mittel setzt du noch ein, um dieses Ziel zu verwirklichen?
Mir sind Podiumsdiskussionen und Vorträge auf meinen Veranstaltungen sehr wichtig. Ich lade jedes Jahr von der Türkei professionelle Museumsdirektoren ein, um über ein spezielles Thema zu sprechen. Dazu lade ich junge Menschen zur Diskussion ein. Sie haben das Problem, sie wissen nicht wo sie hingehören. Hier können wir gemeinsam miteinander sprechen. Denn es ist für junge Menschen wichtig auch ihre eigene Kultur kennen zu lernen.

Warum meinst du ist das wichtig? Sollen sie nicht eher die Kultur des Landes in dem sie leben, annehmen?
So einfach ist das nicht. Ich möchte das an einem Beispiel erklären. Es gibt Schulen, die ein anderes Modell verfolgen. In ihnen wird für Kinder z.B. Türkisch-Unterricht angeboten und sie können so ihre Muttersprache kennenlernen. Das Ergebnis ist, dass die Kinder im Deutsch-Unterricht viel besser geworden sind. Warum ist das so? Weil sie ihre Sprache und ihre Kultur viel klarer sehen. Kinder müssen erst die Muttersprache lernen und ihre Wurzeln finden. Dann können sie sehr schnell neue Sprachen lernen und passen sich leichter in einer anderen Kultur an.

Wie ist das bei dir persönlich?
Das erste ist, ich muss mich wohl fühlen. Wenn ich in Deutschland bin, habe ich Sehnsucht nach der Türkei, wenn ich in der Türkei bin, habe ich Sehnsucht nach Deutschland. Ich habe nicht das Gefühl der Fremdheit. Ich sage, das ist schön. Ich fühle mich in zwei Ländern zu Hause. Ich habe zwei Heimaten.

Das ist schön. Wird es weitere Veranstaltungen geben?
Ich habe ca. 12 Veranstaltungen organisiert. Ich bin froh, dass sich daraus gute Kontakte entwickelt haben. Denn die Organisation ist sehr schwer und die finanzielle Unterstützung ist gering. Ich muss alles selber machen. Ich trage selber Stühle, schreibe selber Briefe usw.  Jedes Mal, kurz vor der Veranstaltung sage ich, warum machst du das eigentlich? Doch danach fühle ich mich wohl. Ich kann jedes Mal Menschen erreichen. Das Malen ist nur für mich. Aber wir dürfen nicht nur ICH sagen, wir müssen WIR sagen. Deswegen werde ich weiter machen.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ich möchte ein friedliches Leben führen. Es ist sehr viel Krieg um uns herum. Ein Menschenleben hat keinen Wert. So viele unschuldige Menschen sterben. Heutzutage geht es  immer nur um Geld. Kriegsmaterialien, Waffenschmieden, Öl u.s.w. Leider ist die Welt so. Das ist vielleicht eine Utopie. Ich möchte ein friedliches Leben, wenigstens da, wo ich lebe. Mit meinen Veranstaltungen und mit meinen künstlerischen Arbeiten, möchte ich ein positives Signal geben. Ich möchte Hoffnung geben für die Zukunft.

Vielen Dank für das interessante Gespräch, wir freuen uns auf die Ausstellung und weitere Veranstaltungen!

Ilka Baum

Weitere Informationen:

Ausstellungsinformation Nimm3 in der Galerie-Graf-Adolf

www.asuman-art.de

www.ebruart-asuma.npage.de