Gerhard Richter Painting ab 08.September in den Kinos

Gerhard_Richter_Painting

Regisseurin Corinna Belz hat den Maler Gerhard Richter von April bis September 2009 in seinem Atelier in Köln besucht und einen intensiven Blick auf seinen Schaffensprozess geworfen.

Im Mittelpunkt stehen die Entstehung der großformatigen, abstrakten Gemälde aus dieser Zeit, Richters Arbeitstechnik mit Pinsel und Rakel sowie seine Reflexionen über den eigenen Schaffensprozess. Nachdem die Regisseurin bereits 2007 die Entstehung des Glasfensters für das Südquerhaus des Kölner Doms filmisch begleiten konnte, ist ihr mit „Gerhard Richter Painting“ eine weitere Dokumentation über den zurückhaltenden Künstler gelungen. Sie zeigt den Künstler bei seiner Arbeit im Atelier, den Umgang mit dem Malmaterial, den Entstehungsprozess, die Überarbeitung der Bilder und Richters Überlegungen und Zweifel, inwieweit ein Bild gelungen ist.

Ergänzend eingefügt werden Ausschnitte früherer Film-Dokumentationen aus den 60er und 70er Jahren, in denen der junge Künstler in seltenen Interviews zu sehen ist und seine Haltung zu Gesellschaft und Kunst deutlich wird. So äußert er sich in seinem damaligen Atelier in Düsseldorf: „Malen ist eine andere Form des Denkens“. Mit dieser Aussage verdeutlicht Richter sein Anliegen, Kunst als eine der Möglichkeit zu begreifen, über die der Mensch verfügt, um zu Wahrheit und Erkenntnis zu gelangen.

ab 08. September in den Kinos

Filmische Aspekte
Der Film „Gerhard Richter Painting“ konzentriert sich auf die Beobachtung des Künstlers in seinem Atelier in Köln, in dem er mit der Herstellung einer Serie abstrakter Bilder beschäftigt ist. Durch lange, ruhige Einstellungen erlaubt uns der Film, direkt an der Entstehung
der zum Teil großformatigen Gemälde teilzunehmen, in dem die Kamera Richter von hinten vor der Leinwand zeigt, so dass der Zuschauer den Eindruck erhält, dem Künstler direkt über die Schulter zu schauen. Hierdurch wird der langwierige und vielschichtige Malprozess deutlich, der auch eine unglaublich körperliche Anstrengung für Richter bedeutet. Für jemanden, der bisher nur Richters Bilder in Ausstellungen sehen konnte, bietet der Film umfangreiche Einsichten in die Atelierarbeit eines der bekanntesten deutschen Künstler.
Dass Richter ungern Beobachter neben sich bei der Arbeit hat, erfahren wir in einigen kurzen Einstellungen, in denen er deutliche Bedenken über die Anwesenheit des Filmteams äußert: er fühle sich beobachtet, denn das Malen sei eigentlich eine „heimliche Angelegenheit“. Wir erleben Richter hier als Menschen mit Zweifeln, der der Vorstellung des selbstbewussten Künstlergenies gar nicht entspricht. In den drei Ausschnitten aus älteren Fernsehdokumentationen lernt der Zuschauer den jungen Gerhard Richter kennen, als er noch sein Atelier in Düsseldorf hatte. Schon damals ein wenig wortkarg und sehr zurückhaltend, verdeutlichen diese Ausschnitte die  Konsequenz, mit der Richter seinen künstlerischen Ansatz seitdem vertreten hat: Kunst als Möglichkeit zur Wahrheitsfindung, ohne sie irgendwelchen Ideologien zu unterwerfen. Durch eingeblendete Schrift erhält der Zuschauer Hinweise zu Orten, Räumlichkeiten oder Personen. Dies bietet eine gewisse Orientierung, da Richter über zwei Ateliers verfügt und die Personen, die sich dort aufhalten, nicht alle in den Atelierbetrieb integriert sind, wie zum Beispiel der Kunsthistoriker und Freund Benjamin H. D. Buchloh oder die New Yorker Galeristin Marian Goodman.
Der Film gibt dem Zuschauer jedoch nicht durchweg Hintergrundinformationen, wie zum Beispiel in den langen Kamerafahrten, in denen frühere Arbeiten Richters zu sehen sind, ohne dass auf Titel, Entstehungsjahr oder Ort der Aufnahmen verwiesen wird. So weiß der Zuschauer nicht, um welche Bilder es sich handelt und wo sich diese befinden (sind sie in einem Museum, in einer Galerie oder beim Künstler im Atelier?). Besonders deutlich wird dies zum Ende des Films, als zusätzlich Einzelbilder ohne Hinweise aus dem Werkzyklus „18. Oktober 1977“ aus dem Jahr 1989 eingeblendet werden. Richter selbst nimmt auf diese Bilder Bezug, in dem er von seinem Besuch der Ausstellung „MOMA in Berlin“ erzählt, die 2004 stattfand und in der die Bilder gezeigt wurden. Seiner Meinung nach war die
Präsentation „grauenhaft“, „inszeniert“u nd wirkte wie „billiges Theater“. Für den Zuschauer werden durch die eingeblendeten Bilder und die Aussage Richters zwei wesentliche Aspekte deutlich:
1. Gerhard Richter legt Wert auf eine qualitätvolle Präsentation - nicht nur - seiner Werke. Kunstausstellungen sollen nicht zu Massenevents und Großspektakeln verkommen. Die Ausstellung „Das MoMA in Berlin“ fand vom 20. Februar bis 19. September 2004 in der Neuen Nationalgalerie in Berlin statt. Gezeigt wurden 212 Kunstwerke des New Yorker Museum of Modern Art (kurz MoMA), die von den bekanntesten Künstlern der Moderne stammen. Die Ausstellung war in Bezug auf die Besucheranzahl (ca. 1,2 Millionen) eine der erfolgreichsten in Deutschland. Hierzu trug auch ein neuartiges Marketingkonzept bei, das für eine starke öffentliche Aufmerksamkeit sorgte. In der Presse wurde jedoch auch darüber diskutiert, inwieweit eine derartige Massenveranstaltung auf Kosten der Kunst geht (vgl. Angaben unter Web-Tipps).

Richter betont mit seiner Anmerkung zur Ausstellung, dass eine Auseinandersetzung mit Kunst nur dann angemessen stattfinden kann, wenn man sich ganz auf das Sehen eines Kunstwerkes einlässt, um darüber zu seiner Bedeutung zu gelangen. Dies erreicht man nicht, wenn man dem Publikum nur jene Kunst präsentiert, die es versteht, so als wäre sie wie jede beliebige Ware konsumierbar.

2. Kunst ist politisch, indem sie immer wieder gesellschaftsrelevante Themen aufgreift. Gerhard Richters 15 Gemälde umfassender Zyklus „18. Oktober 1977“ aus dem Jahr 1989, der sich mit der terroristischen Gruppe „Rote Armee Fraktion“ um Andreas Baader und Ulrike
Meinhof in den 70er Jahren auseinandersetzt, sorgte bei seinen ersten Ausstellungen für einen Skandal. Die Öffentlichkeit warf Richter vor, er würde mit diesen Bildern alte Wunden aufreißen und für die Täter mehr Mitgefühl empfinden als für die Opfer (vgl. Angaben unter Web-Tipps).

Richter hebt im Film hervor, dass eine Auseinandersetzung mit politischen Themen auch auf künstlerischer Ebene immer noch besser sei, als wenn man nichts tue und ohnmächtig bleibe. Belz lässt diese Aussage unkommentiert; das bietet dem Zuschauer die Möglichkeit, sich eine eigene Meinung zu politischen Relevanz dieses Zyklus und allgemein von Kunst zu bilden. Das
gelingt in diesem Fall am ehesten, wenn im Unterricht auf die historischen und politischen Zusammenhänge, auf die sich Richter bezieht, eingegangen wird. Eine kunsttheoretische Auseinandersetzung im engeren Sinne ist nach Angaben der Regisseurin mit
dem Film nicht beabsichtigt: „Für mich war es wichtig, dass man im Film sehen kann, wie Richter arbeitet [...]. Wenn der Film ein theoretisches
Erkenntnisinteresse bedienen soll, gerät er, glaube ich, leicht aus den Fugen. Das können Bücher besser artikulieren“ (Corinna Belz im Interview im Presseheft zum Film). „Gerhard Richter Painting“ stellt die Bilder und die Kunst Richters in den Mittelpunkt und zeigt damit, wie wichtig das bewusste Sehen eines Bildes ist. Nur darüber kann man Kunst erschließen.

www.gerhard-richter-painting.de (Offizielle Film-Website des Verleihs, auf der u.a. das Presseheft mit dem o.g. Interview mit Corinna Belz und dem Text „Über Gerhard Richter“ von Dietmar Elger zum Herunterladen zur Verfügung steht)
... zu Gerhard Richter
http://www.gerhard-richter.com/ (sehr informative Seite, die von Gerhard Richter selbst gestaltet und betreut wird; sie bietet auch eine umfangreiche Übersicht über sein Gesamtwerk)
www.spiegel.de/thema/gerhard_richter/ (Themenseite des Magazins, auf der man verschiedene Artikel aufrufen kann, die im „Spiegel“ü ber Gerhard Richter erschienen sind)
www.zeit.de/2011/06/Richter-Ausstellung (Hanno Rauterberg: „Neue Macke“, Artikel über eine Ausstellung Richters im Frühjahr 2011 in Hamburg) ... zur Malweise Richters
www.goethe.de/kue/bku/kpa/de3950563.htm
(Verena Hütter: „Dirigent des Zufalls – Gerhard Richter und seine abstrakten Bilder“)
www.artnet.de/magazine/gerhard-richter-im-museum-ludwig-koln-und-in-schloss-morsbroichleverkusen/
(Hubertus Butin: „Kratzspuren an der Abstraktion“)
... zu „MoMA in Berlin“( 2004)
www.zeit.de/2004/08/MoMa
(Hanno Rauterberg: „Avangarde des Spektakels“)
... zum Zyklus „18. Oktober 1977“( 1989)
www.welt.de/kultur/article12437051/Die-RAF-in-der-Dunkelkammer-unseres-Bewusstseins.html
(Hans Joachim Müller: „Die RAF in der Dunkelkammer unseres Bewusstseins“)
www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,286889,00.html
(Marco Dettweiler: „Wenn Terroristen-Bilder verwischen“)
www.baader-meinhof.com/essays/RichterAnalysis.htm
(Richard Huffman: „October 18, 1977“, englisch)
... Weitere Hinweise
www.kunst-zeiten.de/in-die-Moderne
(Steven Maier: „Der Weg in die Moderne“m it Hinweisen zum Künstlerbild)
www.schroedel.de/kunstportal/html/unterrichtsbausteine/2009-02_gerhard_richter/ubaust.php
(Schroedel Verlag: Kunst-Portal, Unterrichtsbausteine zu „Gerhard Richter: Abstrakte Bilder“)
www.kunst-malerei.info/malen-wie-gerhard_richter.html
(Bozena Waclawik: „Malen wie Gerhard Richter, Foto-Vorlagen mit Anleitung“)

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