Interview mit dem Künstler Karsten Behr

Karsten_Behr_Portrait_2_midiIn einer Dauerausstellung in der Galerie-Graf-Adolf präsentiert der Künstler Karsten Behr Objekte, mobiler Wandgestaltung. Der gelernte Stuckateur hat es sich zur Aufgabe gemacht, Wände, Räume und Außenfassaden in Form von organischen Strukturen, schöner und liebevoller zu gestalten. In seiner Motivation spielt das Urbedürfnis des Menschen nach einer warmen und geborgenen Atmosphäre eine maßgebliche Rolle. Die bestehende Funktionalität wird mit den individuellen emotionalen Bedürfnissen, des Raumbewohners, verbunden. Aus seiner mobilen Serie „WAREMO“ können sich die Besucher, anhand der Modelle „planta“ und „ignis“, einen Eindruck der eindrucksvollen Arbeiten des Künstlers bekommen. Karsten Behr schafft sowohl freie, als auch Auftragsarbeiten.

Wir haben den sympathischen Visionär getroffen und mit ihm über seine künstlerische Arbeit gesprochen:

Hallo Karsten, du hast nach deiner Schulzeit, eine Ausbildung zum Stuckateur, bei der Firma Friedrich Antoni absolviert. Hierbei hast du das Handwerk kennengelernt und es begleitet dich seit 20 Jahren. Inwieweit hat dich deine Ausbildung beeinflusst?
Die Firma Antoni hat sich auf Stuckarbeiten und Stuckrestaurierung im Raum Düsseldorf - Köln – Bonn spezialisiert. Friedrich Antoni ist eine Koryphäe auf diesem Gebiet. Ich hatte das Glück in dieser Werkstatt die alten Handwerkstechniken des Stuckateurs zu erlernen. Dadurch habe ich mir Fertigkeiten angeeignet und die Liebe zu meiner Arbeit entdeckt.

Deine Werke zeichnen sich durch phantasievolle und runde Formen aus. Warum schaffst du organische Strukturen?
Für mich ist alles Natürliche organisch. So sehe ich, dass alles lebt, wächst und zerfällt. Das Existierende unterliegt einer ständigen Veränderung, Weiterentwicklung und Umwandlung. Dies geschieht durch Bakterien, Mikroben, Pilze, durch den Mensch, durch Zerfall u.s.w. Das Organische ist das Leben.
Ich bin ein Künstler, der sich mit dem Leben beschäftigt. Ich liebe es. Da ich jetzt lebe, möchte ich mich auch damit beschäftigen.

Wie nimmst du das Leben wahr und überträgst es in die Wandgestaltung?
Als ein Kind, durch eine Frau, in meine Hände geboren wurde, sah ich lauter organische Formen. Das war überwältigend. In bestimmten Wahrnehmungszuständen wird dieses sichtbarer. Man sieht,  dass alles vibriert, schwingt, sich bewegt und selbst starres in Bewegung ist. Ich stelle diese Prozesse in meinen Objekten dar. Die gestalteten Elemente können dann, wiederum an weiteren natürlichen Prozessen, durch Verwitterung, Bepflanzung und Tiere, teilhaben.

Wie sieht das konkret aus?
In meinen mobilen Wandgestaltungen können bspw. Vögel ihre Nester bauen oder Pflanzen eingesetzt werden. Ich mag es die Natur zu fördern.

Du hast eine sensitive Wahrnehmung für das Leben entwickelt. Deine Arbeiten selbst sind aber nicht nur dekorativ, sondern haben einen praktischen Zweck. Welcher Gedanke steht dem zu Grunde?
Ich zeige Menschen auf, dass eine Wand nicht mit der Raufasertapete beendet und begraben sein muss. Wände bieten mehr. Sie können Natur in den Raum transportieren. Ich meine, was haben wir heute schon? Eine Rauhfaserwand, ein Bild mit Wasserfall oder einem Kornfeld und auf der Fensterbank ein paar Töpfen mit Pflanzen. Das ist zu wenig, da geht mehr.

Du kritisierst die herkömmliche Gestaltung unseres Lebensraumes. Warum?
Wir Menschen leben darauf ausgerichtet, die Natur zu bekämpfen, damit wir leben können.
Ein Roboter würde sich sicher wohl fühlen in unserer selbst geschaffenen Umgebung. Aber wir sind ja Menschen und somit Teil der Natur. Ich empfinde übliche Objekte aus Stahl, Glas und Beton eher als kalt, abstoßend. Wir haben früher in Höhlen gewohnt. Diese waren rund und man hat im Geborgenen gelebt. Wir werden aus der weichen, warmen Gebärmutter in unsere Welt geboren. Das ist ein Schock für jedes Wesen. Hier setze ich an.

Was machst du anders?
Ich sehe mich der Nachbesserung verpflichtet. Der Punkt an dem Architekten, Bauherren und Unternehmen ihre Arbeit als beendet sehen, ist für mich der eigentliche Baugrund für meine Arbeit.
Meine Objekte sind das Gegenteil von quadratisch, eckig, praktisch. Ich bin damit beschäftigt die Natur in den vom Menschen zerstörten Raum wieder zurück zu bringen. Sie sind rund, voller Leben und laden zum schönen Traum ein. 

Das heißt du entwickelst Bestehendes weiter?
Ich bin kein Mensch der sagt, ich bin der Künstler und ich schaffe etwas Neues. Es ist immer irgendetwas vorhanden. Gerade in meinem Handwerk.

Wie funktioniert die praktische Umsetzung der Wandgestaltung?
Meistens entstehen meine Objekte auf der Wand.
Zu Beginn zeichne ich aus dem Bauch heraus Linien darauf. Manchmal sind dies schon organische oder florale Motive. Je nachdem arbeite ich hier Kundenwünsche in die Vorlagen mit ein. Danach trage ich die plastischen Massen auf die Linien auf und bearbeitete diese. In dem Gestaltungsprozess kann sich noch einmal einiges verändern.

Welche Baustoffe verwendest du bei der Gestaltung?
Im Innenwandbereich arbeite ich meist auf Gipsbasis oder mit Lehm. Letzteres hat den Vorteil, dass die Räume durch die Farbe und den Geruch noch organischer werden. Gips hingegen ist härter. Das entscheide ich je nach Funktion des Raumes.
Im Außenbereich verwende ich Lehm, wenn die Wand feuchtigkeitsgeschützt ist. Ansonsten gestalte ich dort aufgrund von Zementbasis. Hier arbeite ich ggf. Farbpigmente mit ein, um eine entsprechende Wirkung zu erzielen.

Der Phantasie sind bei deinen Wandgestaltungen keine Grenzen gesetzt. Wie gestaltest du zusätzlich zu Form und Farbe?
Das entscheide ich individuell, ggf. mit dem Auftraggeber gemeinsam. Es ist vieles möglich. Von Lichtern, über Pflanzen, Wasser und anderen Ideen, setze ich alles um, was im Rahmen meiner Möglichkeiten zu realisieren ist.

In welchem Maße erledigst du Auftragsarbeiten?
Momentan bevorzuge ich Auftragsarbeiten, da ich das Bedürfnis habe, zielgerichtet zu schaffen und zu gestalten. Diese Arbeit hat ihren Reiz im Dialog mit dem Kunden, was die Vorstellung und den gemeinsamen Prozess angeht. Wenn mir jemand einen Auftrag erteilt, dann kann ich aktiv werden. Wohingegen ich bei freien Arbeiten im Nachhinein Liebhaber finden muss. Zusätzlich gibt mir der Vorschuss Planungssicherheit. Ich habe die finanziellen Mittel zur Verfügung um aktiv werden zu können.

Welche Ideen verwirklichst du?
In dem Moment wo ein Mensch auf mich aufmerksam wird, setzt bei ihm der Gedanke an: Die Gestaltungsmöglichkeiten sind so flexibel, da kann ich ja einen Traum von mir mit hineinbringen!
Daraus ergibt sich dass im ersten Gespräch viele Auftraggeber sagen: „Ich habe da so eine Idee. Ich war mal in der Toskana, in der Wüste oder in Thailand...“ Meistens haben die Kunden eine eindrucksvolle Erfahrung gemacht und wollen das, was sie gesehen haben, von dort zu sich nach Hause transportieren.

Wie setzt ihr das schließlich um?
Wir entwickeln gemeinsam etwas, was in die Vorstellung des Auftraggebers passt und ich setzte dies, auf meine Art um. Wir schaffen also etwas und freuen uns gemeinsam darüber, wenn es fertig ist. Ich habe nichts davon, wenn ich etwas schaffe und es gefällt den Menschen nicht. Das ist mir zum Glück auch noch nie passiert.

Die freien Arbeiten kommen aus dir heraus. Wie gestaltet sich hier der Entwicklungsprozess?
Es ist wie ein Vulkan, der ausbricht. Was ich mit einer zündenden Idee gleich setze. Schließlich will die Lava geformt werden, bevor sie erstarrt. Freies Arbeiten ist sofort im Hier und Jetzt. Etwas will geboren werden, das ist schön und hat viel mit Schmerzen zu tun.
Das heißt dies ist sehr aufreibend und das Objekt erfüllt erst einmal keinen Zweck.

In der Galerie-Graf-Adolf haben Besucher die Möglichkeit mobile Wandgestaltung von dir zu betrachten. Kannst du uns diese Werke genauer erklären?
Ich zeige hier das Modell WAREMO der Serie 0. Die Objekte nennen sich planta (lat. Pflanze) und ignis (lat. Feuer). Sie können also bepflanzt oder befeuert werden. Es sind Grundmodelle, wobei Variationen mit Wasser und elektrischem Licht möglich sind. Die Objekte sind aus Beton geformt und mit Pigmenten versehen, um einen erdigen Effekt zu erzielen.

Du lebst seit kurzem wieder in Köln. Welche Pläne möchtest du gern verwirklichen?
Ich strebe an, mehrere Orte bewohnen zu können. Deutschland ist als Aufgabenfeld unerschöpflich und ich fühle mich mit dem Land sehr verbunden. Allein schon, weil meine Kinder hier aufwachsen. Ich will es Kindern schön machen, mit schönen KiTas, schönen Geburtshäusern und schönen Straßen. Andererseits brauche ich dafür Inspiration. Schöne Orte finde ich meistens in Holland oder Spanien.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
Mehr Vernunft und Liebe in der Welt der Menschen. Dadurch werden schöne Orte entstehen. Erlebnisse, wie bspw. meine Schulzeit, die momentane Arbeitswelt und überflüssige und ungesunde Konsumprodukte werden der Vergangenheit angehören. Ich wünsche mir das Paradies auf Erden und mache dafür viel. Denn ich weiß, dass auch dieses Wunder der Mensch vollbringen kann. Wenn wir auf den Mond fliegen und ein Auto erfinden können, dann bin ich überzeugt, dass wir das Paradies auf Erden schaffen können. Wir hätten  es schon lange, wenn wir so viel Energie, wie wir in Panzer und Düsenjäger stecken, in Liebe und Schönheit investieren würden.

Vielen Dank für das interessante Gespräch und viel Erfolg bei deiner Arbeit!

Ilka Baum

Informationen im Internet zu Karsten Behr: www.wanderleben.de

Karsten Behr über seine Utopie: Ich bin`s dein Nachbar...Karsten Behr

 

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